Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Montag, 10. Februar 2020


Tag 225 der Baustelle

Wenn es den ganzen Sonntag nur das Thema „Sturmtief Sabine“ gibt, fragt sich ein Schulleiter schon: „Was ist die richtige Reaktion?“ Die Schule ganz zu schließen, ist eine Maßnahme, vor der ich immer innehalte. Schließlich kann eine solch grundlegende Regelung nicht vom Wetter abhängig sein. Völlig normal wird die Schule nicht laufen, das war mir schon klar. Also notierten wir auf der Homepage, dass Unterricht stattfindet, aber die Entscheidung, ob ihre Kinder in die Schule gehen, könnten Eltern selbstverantwortlich treffen. Das gilt zwar immer, aber es sollte nochmal gelesen werden.

Als ich am Morgen dann am Bahnhof in Deidesheim entlangfuhr, herrschte dort gähnende Leere. Wo sonst Massen von Jugendlichen ankommen, um- oder aussteigen, fand ich einen fast gespenstisch anmutenden Bahnsteig vor. Der gesamte Regionalverkehr war wegen des Sturms eingestellt worden. Fast alle Schülerinnen und Schüler in Deidesheim kommen aber mit dem Zug. Die Schule ähnelte daher dem Bahnhof. Einige vereinzelte Kids waren da, vier, fünf vielleicht. Auch Nachrichten von den Lehrkräften gingen nach und nach ein. Die aktuelle Bahn-App meldete, dass der Bahnverkehr auch in den nächsten Stunden nicht wiederaufgenommen würde. Die Hoffnung auf weitere Schülerinnen und Schüler liefen also ins Leere. Schließlich entließen wir auch den kleinen „Rest der Aufrechten“ – so setzt die Bahn Fakten und Schule kann nur unbeteiligt auf den leeren Schulhof schauen. Ein weiteres großes Thema war bereits gestern die Skifreizeit. Kann ein großer Bus bei Sturm sicher fahren? Wer sollte das tags zuvor beantworten. Also: Die Lage morgens abwarten und mit dem Busfahrer besprechen. Etwas verspätet startete auch er Richtung Steibis. Die Windböen hatten nicht mehr die Kraft der Nacht und alle konnten die Verantwortung auf sich nehmen, immer in engem Kontakt stehend.

Bereits am Nachmittag erhielt ich einen Anruf einer Mutter, die mir sagte, ihre Tochter hatte aus dem Bus heraus geschrieben „Sind gleich da“. Später meldete mein Mobiltelefon eine SMS an: „Sind gut angekommen, mussten zur Hütte hochlaufen, Lifte fahren nicht, gutes Training für das Skifahren.“ Auf meine Rückfrage kam eine zweite: „Kein Schnee, nur Wind“. Na, dann hoffe ich mal mit euch auf reichhaltigen Schneefall. Wer sich mit allem Drum und Dran auf eine Skifreizeit anmeldet, wird nicht dauerhaft nur wandern wollen!

Auf der anderen Seite war die leere Schule wiederum von Vorteil, denn heute wurden alle Drucker und Kopierer gegen neue ausgetauscht. Da es nur noch einheitliche Kopierer gibt, reichte der bisherige Stellplatz für das größere Gerät nicht aus. Das hieß: Schränke auseinanderrücken und umstellen. Bei normalem Schulbetrieb wäre das Sekretariat dadurch lahmgelegt worden. Nun muss ich mich an das neue Bild gewöhnen, der Kühlschrank steht nun in einer anderen Ecke. Prompt wollte ich den gewohnten Gang antreten, um die Milch für den Kaffee zu holen und bemerkte erst im letzten Augenblick, dass dort jetzt ein Papierschrank steht. Natürlich funktionieren all die Geräte noch nicht. Treiber müssen neu geladen, Netzwerkverbindungen hergestellt und alles aufeinander abgestimmt werden. Da ist selbstredend nicht „einfach“ ein Drucker auszutauschen und auch hier steckt der Teufel im Detail. Bin gespannt, wann wir wieder gewohnt drucken, scannen und faxen können.  

Ebenfalls erreichten mich mitten in diesem Trubel erste Anrufe von enttäuschten Eltern, deren Kinder im Losverfahren keinen Schulplatz erhielten. Das kenne ich ja aus den vergangenen Jahren und bemühe mich, diese Gespräche einfühlsam zu führen. Die Emotionalität mancher Anrufer ist verständlich, aber die Kommunikation wird dadurch nicht einfacher.  

Seit langer Zeit trafen wir uns auch mal wieder zu einer fast vollständigen Schulleitungsrunde. Auffallend war der humorvoll geäußerte Gruß: Gutes neues Jahr! Tatsächlich haben wir eine lange Pause hinter uns. Krankheiten, Abiturprüfungen, Zeugniskonferenzen, meine Fahrten nach Mainz, alles zusammen ergab dann doch eine lange Strecke. Die Schule lief trotzdem, denn die Absprachen wurden dann eben in kleiner Runde oder als „Paar“ getroffen. Dennoch tat es gut, alle wieder gemeinsam am ovalen Tisch zu sehen.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"