Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Freitag, 27. November 2020


Tag 507 der Baustelle

Noch ein Unterrichtsbesuch heute, allerdings nicht in eigener Sache wegen einer Dienstlichen Beurteilung, sondern bei einer Referendarin. Das heißt erneut, Vertreterinnen des Studienseminars und die Fachleiterin begrüßen, natürlich hinter Masken. Wie sie wohl ohne diese aussehen, fragte ich mich während der Stunde. Die Besprechung der Stunde verlief wie immer: Im Grunde war das eine große Stunde, die Lehrerpersönlichkeit kommt gut zur Geltung, und dann kommen die vielen „Aber“, zum Teil auf einer sehr tiefen Ebene.

 

Ich weiß nicht, ob das alles so detailliert sein muss. Ja, Lernen muss sein, aber die jungen Menschen in der Ausbildung bedürfen doch zunächst mal der Stärkung in dieser Klassensituation. Sie müssen ihre je eigene Persönlichkeit in dieser Rolle finden, müssen lernen, ihre Person so weit zu stärken, dass sie den Kindern und Jugendlichen Orientierung geben, dass ihnen helfen, sich ins Leben „einzufädeln“, wie es Wolfgang Bergmann einmal ausdrückte. Außerdem glaube ich, dass diese didaktischen Finessen und „Hier hätte man das machen können“ und dort „war ein Bruch in ihrer Vorbereitung zu erkennen“, dass all dies zwar eine Rolle spielt, aber ich bezweifle, dass dies letzten Endes guten Unterricht in diesem Maße ausmacht, ja ich bin mir nicht mal sicher, ob die enorme Wichtigkeit dieser Detailbesprechungen bei den Lernenden eine Auswirkung erzielen. Das Leben muss stimmen, nicht die theoretische Vorgabe mit bis ins Feinste ausformulierten Lernzielen. Ich meine, da ist etwas verrutscht in einen wahrnehmbaren aber letztendlich nicht wesentlichen Bereich. Und immer wieder höre ich dann bei Unterrichtsbesuchen, die ich machen muss: „Das ist ja so unangenehm wie im Referendariat!“ Habe ich es schon mal geschrieben, dass mir Lehrkräfte durch diese Ausbildungszeit so etwas wie „traumatisiert“ erscheinen? Es ist doch merkwürdig, dass selbst bei der menschlichen Atmosphäre an unserer Schule mit ihren gefühlt flachen Hierarchien stets die Ausbildungszeit wie ein Geist aus der Flasche auftaucht, zu roten Wangen und Schwitzflecken in den Achseln führt. Solche Erfahrungen sitzen ganz tief und halten offensichtlich ein Lehrerleben lang.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"