Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch
Mittwoch, 26. August 2020
Tag 418 der Baustelle
Na, jetzt geht es aber voran. Hätte ich all die Jahre des Wartens solche Fortschritte erlebt, hätte sich der Frust wohl ein gutes Stück geringer bemerkbar gemacht. Inzwischen ist ja fast das gesamte Erdgeschoss „aufgestellt“. Ich war zwar nicht mehr in der Südost-Ecke, wo mein Büro sein wird (Wenn es überhaupt jemals noch „mein“ Büro werden wird, die Zeit bis zur Pensionierung wird kaum ausreichen, um das neue Büro noch zu beziehen), aber man die Wände ja vom Flur vor dem Sekretariat ja ausmachen. Auch der Mehrzweckraum und die Toilettenanlage sind inzwischen komplett „bewandet“. Die Angst, der Aufzugsturm würde nicht standhalten, kann sich jetzt ebenfalls verflüchtigen, denn er kann sein statisches Anlehnungsbedürfnis jetzt wieder besser ausleben. An der Südseite haben die Arbeiten an den herausragenden Armierungseisen begonnen. Sie werden nun nach und nach umgebogen und werden wohl die kommende Decke stabilisieren. Vielleicht werden die Zwischenräume in den vorgegossenen Wänden diese Woche noch ausbetoniert?
Mich quält inzwischen eine andere Sorge: Unsere Schülerinnen und Schüler nehmen die Hygienemaßnahmen immer weniger ernst. Werden sie darauf angesprochen, etwa im Pausenhof, bekommen die Aufsicht führenden Kolleg/-innen oft genug pampige Antworten zu hören. Das geht gar nicht und das will ich weitgehend zurückfahren. Daher startete ich eine deutliche Durchsage vor der Pause und hielt mich auch die Pause über „mal ganz zufällig“ im Hof auf, um die Aufsichten mit meinem Amt zu unterstützen. Immer wieder sah ich Kids, die ihre Masken schnell hochzogen, wenn sie mich entdeckten. Darum kann es aber gar nicht gehen. Die Maskenpflicht besteht nicht nur dann, wenn der Schulleiter auftaucht sondern durchgehend. Schließlich tagt die Schulleitungsrunde auch nicht in meinem Büro und weicht aus Abstandsgründen in einen Klassenraum aus. Inzwischen sind ja bereits wieder achtzehn Schulen im Land von Corona betroffen und schickten einige Schüler/-innen und in zwei Fällen auch ganze Jahrgänge in Quarantäne. Das macht doch deutlich, dass die Pandemie kein Abstraktum ist, sondern konkret jeden betreffen kann. Also: Masken und Abstand!
Die Arbeit am Schreibtisch brachte zwei Schreiben hervor, einen Einstieg in die Bearbeitung des Gliederungsplans, einen weiteren Honorarvertrag im Ganztagsbetrieb und eine Reihe von Telefonaten. Allerdings mit dem eigenen Mobiltelefon, denn seit einem Stromausfall letzte Woche, funktioniert die Telefonanlage nicht mehr. Eine fachkundige Untersuchung erbrachte das Ergebnis, dass über die Jahre hin die Kondensatoren eingetrocknet seien. Ich hatte diesen Umstand bereits einmal erklärt bekommen. Als wir in der Hitzeperiode im vergangenen Sommer den Serverschrank offenstehen lassen sollten, fragte ich dem Grund und erhielt genau diese Antwort: „Es besteht die Gefahr, dass alte Kondensatoren eintrocknen“. Lernen als lebenslange Aufgabe.